Buchtipp: «Das kleine Walross bekommt eine Brille» – von Peter Svetina, Mojca Osojnik und Fabjan Hafner

Ohne Brille kein Konzert

«Ich glaube, das kleine Walross braucht eine Brille», sagt der besonnene Eisbär, als das kleine Walross bei der Generalprobe die Töne auf seinem Kontrabass nicht trifft. Ein Walross mit Brille? – Klar! Zumindest in diesem zweisprachigen Bilderbuch ist das möglich. 

«Was ist schon dabei?», fragt der Eisbär, wenn sich alle fragen: «EIN WALROSS MIT BRILLE?» Dieses hat bei seinem Orchestereinsatz mit dem Kontrabass gepatzt; es hat die Noten nicht richtig erkannt. Während der Dirigent in höchster Aufregung ist, erkennt der bedächtige Eisbär das Problem sofort. Eine Brille muss her und zwar schnell! Kaum beim Optiker, sitzt auch schon die neue Brille mit dem knallroten Gestell auf der Walrossschnauze. 

Ein bisschen seltsam ist es schon, neben dem Polarfuchs als einziger mit Sehhilfe im Orchester zu sitzen. Doch auch dafür gibt es eine Lösung: Damit sich das Walross beim Konzert nicht blossgestellt fühlt, tragen kurzerhand alle Brillen in den buntesten Farben und Formen. Sogar das Publikum, weil es seinen Augen nicht traut.

Verbindende Verlagstradition

Die Geschichte lässt schnell erkennen: Hier geht es nicht nur um Sehbeeinträchtigungen und Brillen. Es geht vielmehr auch darum, Teil von etwas zu sein und Unterstützung zu erhalten. Umso passender, dass dieses Bilderbuch im Drava Verlag publiziert wird, dessen Tradition auf ebendiesen Faktoren aufbaut. Gegründet wurde er in Klagenfurt, der Hauptstadt des Österreichischen Bundeslandes Kärnten. Nachdem Hitler dieses 1941 Deutsch machen wollte und im Zuge dessen die dort ansässigen Slowenen deportieren liess, schuf die Verlagsgründung 1953 die Voraussetzung für eine von Besatzungsmächten, Parteien und Kirche unabhängige Publizistik in beiden Landessprachen.

Schon der Titel dieses Bilderbuches zieht die Aufmerksamkeit auf sich, denn da steht in dicken roten Lettern nicht nur «Das kleine Walross bekommt eine Brille», sondern auch «Mrožek dobi očala». So, wie auch die Geschichte auf jeder Seite Deutsch und Slowenisch erzählt wird. Was also zuerst irritiert, hat einen guten Grund. Der Verlag schlägt damit Brücken zwischen den zwei Sprachen und den damit verbundenen Bevölkerungsgruppen. Er verbindet und setzt sich für Zugehörigkeit ein, so wie sich auch der Eisbär im Bilderbuch für das Walross einsetzt.

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Über den Autor

Peter Svetina, geb. 1970 in Ljubljana, ist promovierter Slowenist und Lektor für slowenische und südslawische Literatur an der Universität Klagenfurt.

Die Illustratorin Mojca Osojnik, geboren 1970 in Kranj, ist Kinderbuchillustratorin und hat 1998 den Österreichischen Kinder- und Jugendbuch – Illustrationspreis gewonnen.

Zum Buch

«Das kleine Walross bekommt eine Brille»
Autor: Peter Svetina
Illustrationen: Mojca Osojnik
Übersetzer: Fabjan Hafner
Altersempfehlung: 5 – 7 Jahre, 1. Auflage 2005
Drava -Verlag, Klagenfurt

Themen aus dem Kinderalltag

Der Eisbär sorgt auf seine Weise dafür, dass das kleine Säugetier schliesslich in der Gemeinschaft des Orchesters seinen Platz findet. Das Bilderbuch dreht sich aber nicht nur darum. Das kleine Walross mit der breiten Schnauze spielt die falschen Töne und muss mit seinem Fehler umgehen können. Dabei merkt es, wie wertvoll ein Freund sein kann. Und die grosse, rote Brille mit dem auffälligen Gestell steht ihm dabei ausgesprochen gut. Viele Themen also, die den Nerv von Kindern treffen. Sie werden nicht nur aufgegriffen, sondern machen durch die farbenfrohen Illustrationen auch Spass.

Susanna Valentin

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