Blinzeln (Lidschlag) – Funktion und Hintergrund
Augenlider: Schlagkräftig in vielen Disziplinen
Ihre Tränen, Ihre Putzhilfe
Diese offensichtliche Funktion des Lidschlags ist den meisten von uns schon irgendwann einmal in Form einer Erklärung untergekommen – in den meisten Fällen im Biologieunterricht. Und sie ist logisch nachvollziehbar und verständlich.
Doch der Lidschlag ist weit kraftvoller als wir annehmen. Beginnend bei der Tränenflüssigkeit. Diese ist nämlich nicht nur ein Wässerchen. Nein, sie enthält zahlreiche Nährstoffe, wie unter anderem Sauerstoff, auf die ein gut funktionierendes Auge angewiesen ist. Zudem wird die Oberfläche der Augäpfel durch die Tränenflüssigkeit «entspiegelt». Gemeint ist damit, dass der Sehsinn vor starken Blendungen, Luftstössen und Fremdkörpern geschützt wird. Tränen reinigen, nicht nur bei Liebeskummer.
Je nervöser, desto mehr Geklapper
Bevor wir aber auf die weiten spannenden Fakten rund ums Blinzeln kommen, widmen wir uns erst einmal den wichtigsten Lidschlag-Fakten. Einer dauert zwischen einer 100tel und einer 150tel Millisekunde. Dabei hängt die Anzahl der Schläge davon ab, in welcher Situation und Gemütslage sich ein Mensch befindet. Nervöse Charakteren bringen es auf 50 Schläge pro Minute, entspannten Typen reichen zehn bis 15 Blinzler in 60 Sekunden. Bildschirm-Fetischisten können die Anzahl sogar noch einmal minimieren und schaffen vielleicht fünf Schläge in der Minute. Kein Wunder also, dass wer zu lange vor dem Bildschirm hockt, nicht selten über trockene Augen klagt.
Champion in Sachen Schnelligkeit
Die Logik verrät uns zudem ja, dass wir eigentlich bei jedem Lidschlag kurzzeitig «schwarzsehen» müssten. Doch ich bin sicher, auch Ihnen ist das noch nicht wirklich passiert. Der Grund dafür ist unser mittlerer präfrontaler Kortex im Gehirn. Der nutzt die darin gespeicherten Informationen, um kurze visuelle Wahrnehmungslücken zu überbrücken.
Obwohl wir beim Blinzeln die Augen schliessen, sehen wir nie Schwarz – unser Gehirn überbrückt kurze Lücken zuverlässig.
Unser Blick bleibt ungetrübt – wir sehen beim Blinzeln nie «schwarz», weil das Hirn gerade Gesehenes abspeichert und uns einfach die genannten Millisekunden mit diesen Eindrücken füttert. Und die Zeit geschlossener Lider ist wirklich kurz – extrem kurz. Nachweisbar ist Blinzeln die schnellste Körperbewegung, die wir durchführen können. Und eine kommunikative ist sie auch noch.
In der Kürze liegt die Würze
Forscher am Max-Planck-Institut für Psycholinguistik in Nijmegen (NL) fanden heraus, dass Menschen, denen eine Frage gestellt wurde, immer dann kurze Antworten gaben, wenn ihr Gegenüber langsamer blinzelte. Im Fall der Studie tat der Fragende das natürlich bewusst. Die Forscher leiteten daraus ab, dass der Angesprochene sich verstanden fühlte, weil er möglichst lange ohne Einschränkung angesehen wurde. Die Experten mussten jedoch auch einräumen, dass man den Fragenden zusätzlich zum langsamen Blinzeln aufgetragen hatte, dass sie regelmässig nicken sollten. Und das erweckt beim Gegenüber bekanntlich das Gefühl, Zuspruch zu erhalten. Dieses «Abnicken» der Antwort sorgte dafür, dass sich die Befragten nicht mehr in der Not sahen, weitere Erklärungen beizusteuern.
Alle gemeinsam und alle zusammen
Interessant ist für mich zudem der Fakt, dass Menschen im Kino zu Blinzel-Klonen werden. Wer die gleiche Filmszene betrachtet, dessen Lidschlag funktioniert synchron. Und das funktioniert über alle Genre hinweg. Landschaftsfilm, Thriller oder Liebeskomödie – im Kino gefangen bedeutet mitgehangen. Der Nachbar blinzelt, dann werden Sie es sicher auch tun. Zudem fanden Forscher in Tokio heraus, dass wir Menschen beim Lesen immer dann kurz das Lid senken, wenn ein Punkt oder ein Komma unseren Lesefluss «stört». Und auch inhaltliche Pausen in der Geschichte nutzen wir, um kurz mal den Augapfel zu reinigen und damit der wichtigsten aller Ergebnisse eines Blinzlers zu frönen.
Wilma Fasola
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